Allgemein:
Abwasserreinigung
„Zu den wichtigsten Lebensbedingungen für Mensch, Tier und
Pflanze zählt die Gegenwart von Wasser. Ohne Wasser kein Leben. Dürre,
Trockenheit, bedeutet Verfall und Tod.“, so beginnt das Lehrbuch ‚Die
Abwasserreinigung‘ von Dr. Hermann Bach, Oberchemiker der Essener
Emschergenossenschaft aus dem Jahre 1934.
Schon die Römer hatten dies erkannt und in ihren
Städten ein ausgeklügeltes Wasserver- und Entsorgungssystem errichtet. Leider
ging dieses Wissen im Mittelalter verloren. Kot, Urin und Abfälle wurde häufig
auf die Straße geworfen, es gab nur örtliche Gräben oder tiefe Löcher, in die
das Abwasser geleitet wurde. Folge waren besonders in engen Siedlungen
verheerende Krankheiten und Seuchen.
Im 19. Jahrhundert geriet die Städteentwicklung wegen fehlender Entsorgung ins Stocken. Mit dem
Bau von zentralen Wasserversorgungen, in Grünberg beispielsweise 1895, wurde
die Notwendigkeit der Abwasserableitung ganz klar aufgezeigt. Man half sich mit
Rohrleitungen, die in Gräben und Flüssen eingeleitet wurden, damit der Unrat
von der Straße verschwand.
Die schnell wachsenden Städte und die Industrialisierung
zeigten schnell, dass die Flüsse dem vielen Abwasser nicht gewachsen waren
und sich zu stinkenden Kloaken verwandelten.
In Gießen wurden 1906 sog. Faulbecken gebaut, in denen das
Abwasser mechanisch gereinigt wurde. Auch in Lich und Wetterfeld waren bis zum
2. Weltkrieg mechanische Anlagen errichtet worden, in erster Linie, weil große
Mengen industrielles Abwasser zusätzlich in die Wetter eingeleitet wurden.
Nach dem 2. Weltkrieg und
den ersten Aufbaujahren kam es in den 50. Jahren zu Diskussionen, die
Abwasserreinigung auszubauen. Sogenannte Belebungsanlagen wurden der mechanischen
Reinigung nachgeschaltet. Man hatte herausgefunden, dass in den Bächen durch
Kleinlebewesen ein Abbau der organischen Belastung stattfand. Dieses Wissen
wurde auf einen begrenzten Raum – ein sog. Belebungsbecken - heruntergebrochen.
Im Becken wurde unter Einsatz von Luft, das Wachstum von Bakterien gefördert,
die die Schmutzstoffe im Abwasser reduzierten.
1984 trafen sich die Nordseeanrainerstaaten zur ersten
Nordseeschutzkonferenz, da die Nordsee durch Abfallverklappung auf See
und in viel größerem Maße durch Eintrag von organischem Material von Land
umzukippen drohte, besonders der Fischbestand drohte zusammenzubrechen. Das
Ergebnis zahlreicher Konferenzen war die Änderung der Abwasserordnung, wonach
neben dem Parameter CSB auch der Phosphor und vor allen Dingen der Stickstoff
zukünftig begrenzt wurde. Auch die Verklappung von Abfällen auf See wurden
verboten. Die Bildung des Nationalparks Wattenmeer ist auf die Initiativen
und Ergebnisse dieser Konferenzen zurückzuführen.
2009 wurde die Wasserrahmenrichtlinie in der
europäischen Gemeinschaft eingeführt. Es soll ein Umdenken stattfinden.
Es zählt nicht mehr die Begrenzung der Emission aus der Kläranlage, sondern die
Immission (die Wirkung) auf das Gewässer. Und das im Hinblick auf die
organische, aber auch auf die hydraulische Belastung des Gewässers. D.h. für
die Kläranlagenbetreiber, ein ganzheitliches Bild vom Zusammenspiel Kläranlage
– Bach aufzustellen und zu bewerten.
In 100 Jahren ist viel passiert in der
Abwasserreinigung !!
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